Helzle zeigt Menschen mit geschlossenen Augen im Außenraum, schwarz-weiß. Sie wirken „leise“, als seien sie einer anderen Wirklichkeit entnommen. Auf das Antlitz reduziert, sind sie des Tastens, Fühlens, Greifens ledig. Anders als bei der Totenmaske, die das affektlose Gesicht zeigt, erleben wir die Züge der Portraitierten in kontemplativer Haltung. Sie schlafen nicht. Sie stehen oder sitzen. Ihre Züge sind verstörend wach, angespannt. Der Verzicht auf Farbe verfremdet und suggeriert Zeitlosigkeit, zugleich auch eine andere Art des Sehens. Das Mienenspiel tritt in den Vordergrund. Die Schwarz-Weiß-Ästhetik sensibilisiert für die feinen Linien, Kontraste und Konturen. Was gewöhnlich unbemerkt bleibt, rückt ins Zentrum der Wahrnehmung: Muskelkontraktionen, mimische Falten, die Regungen der Mundwinkel, Asymmetrien. Mit seinem auf 120 Portraits angelegten Bild-Zyklus „Close-Your-Eyes“ untergräbt Helzle die Konventionen des Portraits. Ohne Umschweife benennt er die Verletzlichkeit des Individuums. In ihrer Wehrlosigkeit liegt die Erhabenheit der Gesichter.
Ricarda Geib, Kunsthistorikerin