media artist

"Homo Donzdorfensis"

Catalog "Homo Donzdorfensis" of the town Donzdorf, 2009     

An art project by Wolf Nkole Helzle with the participation of 100 citizens of the city Donzdorf

Catalog as a PDF-Document

One hears or reads the title of this art project for the first time, has probably most directly the question: Who or what is this "homo donzdorfensis"? How does it look? And how does this relate to me, what it has to do with Donzdorf?

Sorry, but the following text is only available in German.

Assoziationen an natur- und geschichtswissenschaftliche Untersuchungen, an fossile Funde längst ausgestorbener Vorfahren unserer Menschengattung werden geweckt und lassen uns über die menschlichen Ursprünge innerhalb der Evolution und die seit dem vollzogenen kulturellen und gesellschaftlichen Entwicklungen nachdenken.
Und so handelt es sich bei dem fotografischen Projekt des Medienkünstlers Wolf Nkole Helzle auch tatsächlich um eine Art Forschungsprojekt, bei dem es zwar nicht um die Entschlüsselung unserer Urahnen, jedoch um einen wesentlichen Kern der Weltbevölkerung geht. Denn ein zentrales Thema seiner künstlerischen Auseinandersetzung ist die
Frage nach der Beziehung zwischen Individuum und Kollektiv: „Wie kann ich das Verhältnis verstehen zwischen mir als Individuum und der Menschheit insgesamt, diesen mehr als 6 Milliarden Menschen?“
Um sich im wahrsten Sinne des Wortes „ein Bild“ von diesen Zusammenhängen zu machen, verfolgt der Künstler schon seit Mitte der 90er Jahre ein groß angelegtes, performatives Projekt unter dem titelgebenden Motto: „… und ich bin ein Teil“. Innerhalb dessen sammelt er weltweit, bei verschiedenen Anlässen Gesichter von Menschen – sei´s
im Kunstkontext oder in einer Kirche, bei einem Firmenevent oder von zufällig vorbeikommenden Passanten auf der Straße – die sich bei einem kurzen Shooting, in frontaler Ansicht und vor schwarzem Hintergrund in seiner mobilen Fotostation porträtieren lassen. Der Fokus ist dabei lediglich auf das Gesicht gerichtet. Es entsteht ein reines
Kopfporträt, extrahiert aus jeglichen kontextuellen Zusammenhängen, so dass nichts von der jeweils individuellen Physiognomie der Porträtierten ablenkt. ...
... Die wesentliche Aufgabe eines Porträts ist es, neben einer körperlichen Ähnlichkeit auch das Wesen, bzw. die Persönlichkeit der porträtierten Person zum Ausdruck zu bringen und auf diese Weise in Erinnerung zu halten. Die Fotografie verweist darüber hinaus auf einen konkreten Moment, sei´s im zeitlichen Verlauf eines Lebens oder sonstiger Prozesse. Innerhalb des künstlerischen Projektes des „Homo donzdorfensis“ wird daher anhand der Porträtaufnahmen auch ein performativer Prozess bildhaft gemacht, denn die Fotoaktionen von Wolf Nkole Helzle sind immer auch Interventionen. Der Kontakt mit den Menschen, das Gespräch und der Austausch sind dabei wesentliche Faktoren, und die Fotostation, ebenso wie die Präsentationen, bieten dazu an immer anderen Orten der Welt den Anlass. Joseph Beuys war es, der den Begriff der „sozialen Plastik“ prägte. Von ihm stammt auch die oft zitierte aber meist missverstandene These „Jeder Mensch ist ein Künstler“. Innerhalb seiner Auffassung eines erweiterten Kunstbegriffs nutze er diese Beschreibungen, um seine Vorstellung einer gesellschaftsverändernden Kunst zu erläutern, die besagt, dass jeder Mensch durch kreatives Handeln zum Wohl der Gemeinschaft beitragen und dadurch gestaltend, also „plastizierend“, auf die Gesellschaft einwirken kann.
Eben dieses Handeln, dieser kreative Einsatz ist es, was die Menschen der hier präsentierten Porträts kraft ihres bürgerlichen Engagements miteinander verbindet, und was sich im Gemeinwesen der Stadt Donzdorf, sowie im multiplen Porträt des „Homo donzdorfensis“ ausdrückt, das ohne den Einsatz einzelner und vieler nicht realisierbar gewesen wäre. Kreativität, also die geistige Fähigkeit zur Reflexion und damit zum bewussten, selbstbestimmten Tun und Gestalten ist es auch, was den Homo sapiens von seinen tierischen Verwandten unterscheidet und worin letztlich die Ursprünge unserer menschlichen Kultur und unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens in all ihren Facetten begründet
liegen.
Simone Jung, Dezember 2008